Freitag, 1. Januar 2016

Gern gesehene Gäste

Das Bremer Kaffeehaus-Orchester beendete die 32. Saison der Kreuzgangkonzerte

Das Jahr 2015 war für die Kreuzgangkonzerte ein Jahr mit wichtigen Änderungen und Weichenstellungen. Der musikalische Leiter Thomas Krause zeigte sich beim  Abschlusskonzert am Montag zufrieden mit dem abgelaufenen Jahr. Für 2016 versprach er einen Mix aus Bewährten und Überraschungen. Das letzte Wort im Kreuzgang hatte dann das Bremer Kaffeehaus-Orchester. Das Quintett begeisterte mit seiner Mischung aus Klassik, Swing, Rock und musikalischen Nonsens.

Wenn man sich zur Silvester seit Jahren dieselben Gäste einlädt, dann hat man eine Vorahnung, was die Besucher so alles zu mitbringen werden, im Guten wie im Bösen. Ähnliches gilt für das Bremer Kaffeehaus-Orchester und ihr Gastspiel im Walkenrieder Kreuzgang. In Kategorien gedacht, gehört das Orchester aus der Hansestadt eher in die Schublade Bewährtes, das nicht vor Überraschungen schützt. Schließlich kommen die Männer um Constantin Dorsch seit 15 Jahren nach Walkenried. Im Gepäck hatte das Kaffeehaus-Orchester das neue Album “Black Coffee”, das das Ensemble zum 25. Geburtstag aufgenommen hatte.

Das Kaffeehaus-Orchester spielt sogar Rockklassiker
vom Blatt.          Alle Fotos: Kügler
Seit 1990 funktioniert das Konzept der Bremer Musiker. Sie nehmen Werke aus unterschiedlichen Epochen, kleiden sie in ein klassisches Gewand und hauchen der Musik damit neues Leben ein. Die Vorgehensweise ist immer dieselbe. Kontrabass und Cello, manchmal auch das Klavier, legen die Basis, über die Geige, Bläser und auch das Klavier dann die ursprüngliche Gesangslinie intonieren, Die engen Grenzen festgefahrener Genres interessieren keinen.

Die Frage, ob Musik in der Zeit zwischen den Jahren nur andächtig und  besinnlich sein kann, beantwortete das Quintett wie erwartet und eindeutig mit “Nein”. Die Interpretationen des Kaffeehaus-Orchester sind das Gegengift zur süßlichen Jahresendzeit-Musik und sie befreien die Gehörgänge von klebrigen Tönen. Das Kaffehaus -Orchester stieß die Tür zur Realität auf, ließ die weihrauchgeschwängerte Luft nach draußen und den 'Spaß und das wahre Leben wieder rein.

Schon das erste Stück “Penny Lane” macht die therapeutische Wirkung deutlich. Johannes Grundhoff legt am Klavier ein gesteigertes Tempo bei diesem Beatles-Klassiker vor, dem seine Mitspieler aber gern folgen. Christian Dorsch sorgte an der Violine für die klare Melodieführung.

Auch der anschließende Tango “Mi Buenos Aires Querido” zeigte keine falsche Bedächtigkeit oder kitschige Sehnsucht. Das Stück  von Carlos Gardel klingt durch und durch lebensbejahend und gegenwärtig. Dies gilt auch später für das legendäre "Volver" des gleichen Komponiste.

Für ein Quintett wird es verdammt eng auf der Bühne

in Walkenried.
Tragender Teil der Inszenierung waren die launigen Kommentare von Constantin Dorsch. Der Geiger gab mit trockenen Humor und auch in direkter norddeutscher Art eine Reihe von Erläuterungen zu den Stücken. Diese trugen zwar nicht immer zum tieferen Verständnis der Werke bei und wenn auch nicht jeder Gag zündete, gab es immerhin immer wieder Schmunzler.

So erklärte Dorsch, dass Antonio Vivaldi kein Venezianer sondern ein zugewanderter Friese war. Aus Marketinggründe habe er seinem Namen Enno Freersen dann einen italienischen Anschein verpasst. Das Publikum und die eingeschworenen Fans in Walkenrieder Kreuzgang bedankten sich am Montag dafür immer wieder mit viel Applaus.

Im Tiefsten ihres Herzen sind  Klaus Fischer, Gero John, Anselm Hauke, Johannes Grundhoff und Constantin Dorsch allesamt Jazzer, die sich nur aus Marketinggründen mit Frack und weißen Hemd als Klassiker verkleiden. Diese Theorie bestätigte das Kaffeehaus-Orchester mit “Satin Doll” von Duke Ellington. Die Kombo hauchte den Jazz-Standard neues Leben ein. Optimal mit den Streicher abgestimmt klang das Saxophon von Klaus Fischer satt und voll wie ein ganzer Bläser-Satz. Fett hupen nennt der Jazzer das. Schnell, filigran und transparent zauberte Johannes Grundhoff seine Klavier-Soli in den Kreuzgang.

Gleiche Glanzleistung gelangen dem Orchester bei den Jazz-Standards “Black Coffee” und “It was a very good Year”. Selbst der Blues swingte, das Konzert wurde zur Jam-Session, jeder durfte mal beim Solo ran und zum Schluss fanden sich alle wieder. Die Bremer Jungs haben all den zarten Schmelz abgezogen, denn selbst einst Sinatra über diese Rührstück legte.

Doch das Bremer Kaffehaus-Orchester kann auch filigran und anrührig. “Michelle” ist wohl der schönste und schwierigste Songs der Beatles. Das Wechselspiel von Dorsch, Grundhoff und Fischer zeigte die komplexe Struktur des Lieds. Damit war das Werk von Paul McCartney der einzige Ruhepool beim Konzert zwischen den Jahren.

Die Vuvuzela darf nicht fehlen.
Für den musikalischen Nonsens am Rande des Klamauks sorgte Günter Maria Bachpelz. Unter diesem Namen hatte Constantin Dorsch einen Boogie für Vuvuzela geschrieben. Dorsch selbst entlockte am Montag diesem Instrument Zwischentöne, die man einer quietschgelben Tröte eigentlich nicht zutraut.

Publikum und Orchester erwiesen sich am Montag als eingespieltes Ensemble. Ohne viel Aufhebens spielt das Kaffeehaus-Orchester zwei Zugaben. Bei “I will survive” legen die Herren ein Tempo, dass Gloria Glaynor selbst bei der Erstauflage 1978 in Atemnot geraten wäre und das Discofieber im Kreuzgang in den Bereich "heiß" vordringt. Zum Schluss geht der Blutdruck nach unten. Mit “What a wunderful world” erreicht das Quintett das Niveau an Besinnlichkeit, dass man voneinem Konzert zwischen den Jahren im Allgemeinen erwartet. Es sei denn, das Bremer Kaffeehaus-Orchester ist auch 2016 zu Gast.



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Die Kreuzgangkonzerte