Donnerstag, 30. April 2015

Fast wie vorher, nur besser

Wiederaufnahme von "My FairLady" am Theater Nordhausen

Vorab die Besprechung zur Aufführung 2014
Die Rezension als Audio-Datei


"My Fair Lady" in der Inszenierung Toni Burkhardt war im Sommer 2014 der Renner bei den Schlossfestspielen in Sondershausen. Sämtliche Aufführungen waren damals ausverkauft. Am 29. April gab es die Wiederaufnahme am Theater Nordhausen und es war fast wie im letzten Jahr, nur eben ein wenig besser.
Vielleicht ist eine Musical-Company wie ein gut laufender Motor. Kaum dreht man an ein, zwei Stellschrauben, schon bringt die Maschine den entscheidenden Tuck Leistung mehr. Die Steigerung ist vor allem mit dem Namen Thomas Kohl verbunden. In der Rolle des Professor Henry Higgins ist er die nötige Ergänzung zur überbordenden Katharina Boschmann in der Titelrolle.
Oberst Pickering (Helmut Kleinen) und Henry Higgins
schließen eine Wette ab. Alle Fotos: Tilmann Graner
Als als Ekelpaket mit vollster Berechnung ist Kohl der andere Pfeiler dieser Inszenierung, die im vergangenen Jahr fast ein One-Woman-Show war. Kühl und berechnend geht er das Projekt der Umerziehung an. Wirkte Oliver Koch im letzten Jahr noch wie ein Suchender, der eigentlich selbst Hilfe braucht, vermittelt Thomas Kohl in dieser Rolle nun die volle Absicht und die geballte Menschenfeindlichkeit mit kaum zu steigender Überheblichkeit. Mitleid kann man mit diesem Higgins nicht haben. Der Professor ist der Schmied seines eigenen Unglücks.
Die überzeugende Zweigleisigkeit aus Unterhaltung und aus Kritik am Experiment am lebenden Menschen ist auch in der Wiederaufnahme zu finden. Denn "My Fair Lady" ist keine nette Geschichte. Es geht um zwei Männer, die per Wette über das Leben eines jungen Mädchen bestimmen, das Schicksal einer jungen Frau aus der Unterschicht wird zur Verfügungsmasse zweier Upperclass-Boys. Es geht um die Umerziehung eines Individuums aus purer Eitelkeit. Alles verpackt in mitwippende Songs wie "Ich hätt' getanzt heut' Nacht" und "Es grünt so grün" und beeindruckende Tanzszenen. Nicht umsonst ist der Einstieg eine Jahrmarktsszene, in der Upperclass und Lumpenproletariat freudig zusammenfinden, bis ein Gewitter sie trennt.

Manchmal ist das Leben ein Jahrmarkt. Foto: Graner
Die Inszenierung zu den Schlossfestspielen hatte viele Pfunde, mit denen die Wiederaufnahme am Theater Nordhausen auch wuchert. Dazu zählt die Choreographie von Jutta Ebnother, die den Schwung der goldenen Musical-Zeiten wieder lebendig macht. Das Tanzensemble misst den knappen Bühnenraum mit einer Leichtigkeit aus, die an das Fliegen erinnert.
Elena Pierini und Markus Popp haben den Chor wieder hervorragend eingestellt und das Ensemble gehört ohne Frage zu den Säulen dieser Inszenierung. Dies erinnert nicht nur an die Tage, als diese Leichtigkeit die Sonntagnachmittage mit der ARD bestimmten. Die Präzision und die Dynamik machen Lust auf mehr.
Auch das überragende Bühnenbild von Wolfgang Kurima Rauschning wurde übernommen. Vielleicht hat es sich Toni Burkhardt hier zu einfach gemacht, denn der Bau dominiert die Bühne so sehr, dass die Akteure manchmal an die Seite gedrängt wirken.
Auch bei der Wiederaufnahme glänzt Katharina Boschmann in der Rolle des Blumenmädchens Eliza Doolittle, das man fast meint, die Rolle sei für sie geschaffen worden. Da steckt alles drin, Lebensfreude, Verzweifelung, Wut und Erkenntnis und die Boschmann bringt alles Glaubwürdig auf die Bühne. Der Gesang stimmt, die Mimik stimmt, die Gestik stimmt. Bravo.
Eine Entdeckung hat die Lady 2015 noch zu bieten. Michael Ehspanner gelingt es der Rolle des Freddy Eynsford-Hill so viele unterschiedliche Seiten abzugewinnen, dass man hofft, sein Talent noch häufiger in Nordhausen erleben zu dürfen



Der Spielplan am Theater Nordhausen
Die Schlossfestspiele 2015

Die Besprechung zur Aufführung 2014

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